Von A zu M, Teil 3: Objektiv betrachtet

Der Artikel „Objektiv betrachtet“ ist Teil unserer Serie “Von A zu M”. Mit dieser möchten wir Sie mit unserer Leidenschaft fürs Fotografieren anstecken und Sie nach und nach an wichtige Grundlagen der Technik heranführen.

Im ersten Teil unserer Serie Von A zu M haben wir Ihnen das Zusammenspiel von Blende, Belichtung und ISO erklärt. Im zweiten Teil ging es um die manuelle Steuerung der Kamera. Heute steht nun das Objektiv im Mittelpunkt der Betrachtungen.

 

In diesem Artikel geht es nicht darum, Ihnen einzelne Objektive vorzustellen oder Testergebnisse zu präsentieren. Vielmehr möchte ich Ihnen grundlegende Informationen an die Hand geben, die Ihnen dabei helfen können, herauszufinden, welche Objektive und Brennweiten für Sie geeignet sind. Ausführliche Testberichte zu Ihrem Wunschobjektiv finden Sie dann in der Fachpresse und im Internet.   

Wenn Sie bereits den ersten Artikel der Serie Von A zu M gelesen haben, wissen Sie, dass bei Kompakt- und Bridgekameras das Objektiv fest verbaut ist, d.h. Sie entscheiden bei diesen Modellen bereits beim Kauf über die Qualität und den Zoombereich des Objektivs. 

Ein entscheidender Vorteil von Spiegelreflex- und Systemkameras ist für mich, dass ich die Möglichkeit habe, verschiedene Objektive – je nach Aufnahmesituation – zu nutzen.  

Digitale Kameras kommen und gehen, aber ein hochwertiges Objektiv behält lange seinen Wert. Und ich behaupte, eine preiswerte Kamera liefert mit einem hochwertigen Objektiv immer noch bessere Bilder als eine hochpreisige Profikamera mit einem schlecht verarbeiteten Objektiv.  

Wie bei einer Partnersuche zählt auch bei den Objektiven der erste Eindruck (welche Materialien wurden verwendet, wie ist die Verarbeitung etc.) und es kommt auf die inneren Werte (Linsen und Mechanik) an. 😉 Aber die Mühe, sich über Objektive schlau zu machen, lohnt sich: Vielleicht finden Sie dadurch ein Objektiv, mit dem Sie und Ihre Kamera ein Leben lang Freude haben werden.

   

 

Der erste Eindruck beim Objektiv…  

… hängt von den verwendeten Materialien und der Verarbeitung ab. Vorneweg: Meine Devise bei einer Neuanschaffung ist, lieber etwas warten und sparen, um dann in ein hochwertiges Objektiv zu investieren.  

Preiswerte Objektive sind meist aus Kunststoff, hochwertigere dagegen aus Metall und diese halten einer stärkeren Beanspruchung stand. Zudem sind sie dadurch besser gegen Witterung und Staub geschützt.  Auch Komponenten wie der Autofokus oder die Einstellringe bewegen sich bei hochwertigen Objektiven in der Regel auf einem höheren Niveau. Je nach Kameramodell sollten Sie darauf achten, ob der Bildstabilisator am Objektiv angebracht sein muss oder ob Sie diese Funktion über die Kamera steuern können.  

 

 

Die inneren Werte des objektivs… 

… sind natürlich zunächst die Linsen. Objektive bestehen in ihrem Inneren aus Linsen (geschliffen und entspiegelt), die in Gruppen angeordnet werden und die beim Scharfstellen und/oder beim Zoomen über eine Feinmechanik innerhalb des Objektivs gegeneinander verschoben werden. Damit die Scharfstellung einwandfrei funktioniert, müssen die Linsen exakt geschliffen und optimal aufeinander abgestimmt sein. Ebenfalls spielt die Feinmechanik, die die Linsen bewegt, eine große Rolle. Und je hochwertiger das verwendete Glas ist, desto brillanter werden auch die Fotos. Die Linsenelemente bündeln nämlich das einfallende Licht und erzeugen ein Abbild des Motivs auf dem Kamerasensor.  

Je nach Objektivart (Teleobjektiv, Weitwinkel, Makro etc.) verbauen die Hersteller unterschiedlich viele Linsen mit speziellen Eigenschaften. Die Kombination aus unterschiedlichen Linsentypen soll unter anderem Farbfehler – die sogenannten chromatischen Aberrationen – verhindern. Chromatische Aberrationen beschreiben Farbsäume in den Kontrastbereichen eines Bildes. 

Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist die Lichtstärke Ihres Wunschobjektivs. Die Lichtstärke wird in Zahlenwerten angegeben und entspricht der größtmöglichen Blendenöffnung des Objektivs. Es sind die gleichen Zahlenwerte wie bei den Blenden. Je tiefer die Blendenzahl auf Ihrem Objektiv ist, desto lichtstärker ist dieses. Und desto schöner wird das Bokeh. Das Bokeh beschreibt die Unschärfe im Bild. Darauf achten besonders Porträt- und Makro-Fotograf:innen, da diese gern mit Unschärfe im Hintergrund eines Bildes arbeiten.

 

 

Merke:  

Kleine Blendenzahl, z.B. Blende f/2.8 = große Öffnung mit viel Licht! Offenblende, mehr Unschärfe  

Große Blendenzahl, z.B. Blende f/16 = kleine Öffnung mit wenig Licht! Geschlossene Blende, mehr Schärfentiefe 

 

Die Brennweite 

Die Brennweite des Objektivs wird in Millimetern angegeben, z.B. 18–55mm. Das bedeutet, dass Sie im Bereich von 18mm bis 50mm zoomen können. Ist auf dem Objektiv nur eine Zahl angegeben, z.B. 50mm, handelt es sich um ein Objektiv mit einer Festbrennweite von 50mm.  

Streng genommen bezeichnet Brennweite die Entfernung, die zwischen der Aufnahmeebene (Ihrem Bildsensor) und der Objektiv-Hauptebene liegt. Mit der Brennweite können Sie Ihren Bildausschnitt von Ihrem Aufnahmestandort aus verändern, vorausgesetzt Sie benutzen ein Zoomobjektiv. Bei einer Festbrennweite müssen Sie sich bewegen, um den Bildausschnitt zu verändern. Nehmen Sie ein Weitwinkelobjektiv mit kleiner Brennweite, können Sie fast die ganze Umgebung abbilden. Mit einem Teleobjektiv können Sie entfernte Objekte formatfüllend auf den Sensor bannen.   

 

Schauen Sie sich die vier Bilder an. Sie wurden von demselben Standort aus mit unterschiedlichen Brennweiten aufgenommen:  

 

 

Wann ist welche Brennweite sinnvoll? 

Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Die zu verwendende Brennweite hängt sehr stark vom Ihrem Einsatzgebiet in der Fotografie ab.  

People-Fotograf:innen verwenden gerne eine 50-mm-Festbrennweite, um  ihre Portraits anzufertigen, denn diese Brennweite kommt dem menschlichen Auge sehr nahe. 

Wildlife- und Naturfotograf:innen schwören auf Teleobjektive mit einem großen Zoom-Bereich, da sich die Tiere meist in einiger Entfernung befinden. Und meist nutzen sie für ihre Insekten- und Blumenbilder Makro-Objektive. Teleobjektive finden Sie auch hauptsächlich bei der Sportfotografie.  

Landschafts- und Architekturfotograf:innen werden Sie nicht ohne ein Weitwinkelobjektiv antreffen.   

 

 

Objektiv betrachtet: Darf man fremdgehen?  

Ja, natürlich dürfen Sie das im Objektivbereich!  

Es muss nicht unbedingt ein Objektiv von Ihrem Kamerahersteller sein. Achten Sie aber vor dem Kauf auf das passende Objektivbajonett, damit das Objektiv an Ihre Kamera passt. Ich selbst benutze an meinen Nikon-Kameras Objektive u.a. von Sigma und bin sehr glücklich mit diesen, andere schwören auf Zeiss, Tamron und andere. Hier empfehle ich Ihnen, über Testberichte zu vergleichen und ggf. auszuprobieren, wenn Sie die Möglichkeit dazu haben. Fotofachgeschäfte (#supportyourlocals) bieten diesen Service an und beraten dazu gerne, z.B. unser Technik-Partner Foto-Franz in Kehl 

 

Die Objektivarten 

Man unterscheidet im Wesentlichen die folgenden Objektivarten:   

 

  • Zoomobjektive: Diese bieten einen unterschiedlich großen Brennweitenbereich (18 mm – 120 mm) in einem einzigen Objektiv an, auch sogenannte Allrounder: Diese nutzt man gern im Urlaub, auf Wanderungen, etc. Wenn Sie auf viele Situationen vorbereitet sein möchten oder nur ein Objektiv dabei haben möchten, dann sind diese Objektive zu empfehlen.

  • Objektive mit Festbrennweiten: Die Klassiker sind 12mm, 35mm, 50mm, 85mm und 105mm. Festbrennweiten sind meist sehr lichtstark und ich kann für mich sagen, dass ich auf meine Festbrennweitenobjektive nicht mehr verzichten möchte. Das Objektiv ist nur für diese eine Brennweite optimiert. Da Sie nicht zoomen können, müssen Sie sich bewegen und dadurch bekommen Sie ganz automatisch oft einen anderen Blickwinkel zur Gestaltung Ihres Bildes. Festbrennweiten eignen sich auch hervorragend für Porträtaufnahmen. Und: Ein Objektiv mit 50mm mit f1,8 finden Sie bei den meisten Herstellern sogar recht günstig.

  • Makro-Objektive mit unterschiedlichen Brennweiten, aber einer sehr geringen Naheinstellgrenze: Makro-Objektive werden für den Einsatz im Nahbereich konstruiert und ermöglichen es Ihnen, kleine Dinge auf Fotos groß abzubilden. Achten Sie darauf, dass der Abbildungsmaßstab des Objektives bei 1:1 oder zumindest bei 1:2 liegt.

  • Normalobjektive oder auch KIT-Objektive (unterschiedliche Brennweiten; meist 24 – 70 mm):  Das Kit-Objektiv ist ein günstiges Objektiv und für den Einstieg ein ideales Lerninstrument. Meist wird es Ihnen zusammen mit der Kamera verkauft. Statt des Kit-Objektivs können Sie sich überlegen, ob Sie besser gleich in ein besseres Zoomobjektiv investieren.

  • Weitwinkel (10 – 24 mm): Mit dem Weitwinkel bekommen Sie viel aufs Bild und sie sind in der Landschaftsfotografie nicht wegzudenken. Besonders gut sind diese Objektive auch für die Architekturfotografie geeignet. Beim Kauf meines Weitwinkelobjektivs habe ich zudem darauf geachtet, welchen Blendenstern das Objektiv erzeugt. Fotograf:innen bauen den sogenannten Blendenstern gern als zusätzlichen Hingucker in ihre Bilder ein. Dazu finden Sie am Ende des Artikels auch einen Tipp.

  • Teleobjektive (70 – 300 mm): Möchten Sie Tiere und Sport fotografieren, sollten Sie über ein Teleobjektiv nachdenken. Das hilft Ihnen dabei, weit genug weg zu sein, damit sich Tier und Mensch ungestört fühlen und Sie in Ruhe fotografieren können.

  • Ultrateleobjektive (300 bis <600 mm): Weit Entferntes nah heranholen! Die Alpen von der Hornisgrinde aus zu fotografieren, ist schon ein Träumchen. Dazu brauchen Sie lange Brennweiten. Beachten Sie hierbei, dass Sie bei sehr langen Brennweiten ein Stativ brauchen, denn le länger die Brennweite, desto höher ist die Verwacklungsgefahr. Zudem sind diese Objektive lang, schwer und vibrationsanfällig.

  • Spezialobjektive für besondere Effekte, zum Beispiel Fisheyes (bildet stark verzerrt ab) oder Shift- und Tilt-Shift-Objektive (zur Vermeidung von stürzenden Linien durch einen größeren Bildkreis, kommt bei Architekturfotografie zum Einsatz).

 

Um Ihre Objektive zu reinigen und zu pflegen, empfehle ich Ihnen, einen Blasebalg anzuschaffen sowie ein Microfastertuch. Nehmen Sie aber bitte kein x-beliebiges Tuch, sondern eines, das für Optiken gedacht ist!  

 

Tipp: Blendensterne mit dem Objektiv erstellen 

Die Blende im Objektiv besteht aus beweglichen Lamellen, welche bei weit geöffneter Blende eine große Öffnung zum Sensor erzeugen. Bei geschlossener Blende ist die Öffnung nur sehr klein. Und genau dann, wenn Sie bei geschlossener Blende auf den Auslöser drücken, entsteht der Stern. Wie hoch Sie die Blende schließen müssen, sollten Sie ausprobieren, das ist von Objektiv zu Objektiv unterschiedlich. In jedem Fall bricht sich das einfallende Licht an den Berührungspunkten der Lamellen und wird auf den Sensor geworfen. Bei einer geraden Anzahl an Lamellen im Objektiv entspricht die Anzahl der (Blenden-)Strahlen der Anzahl der Lamellen, bei einer ungeraden Anzahl erhalten Sie doppelt so viele Strahlen wie Lamellen im Objektiv verbaut sind.  

 

Gertelbach mit Blendenstern, Kleine Objektivkunde von Evi Seeger
Der Gertelbach mit Blendenstern. Fotografiert mit der Nikon Z7 und dem Nikkor AF-S Zoom-Nikkor 14-24mm 1:2,8G ED Objektiv bei Blende f/16

 

 

Ich hoffe, die obenstehenden Tipps werden Ihnen dabei helfen, herauszufinden, welche Objektive und welche Brennweite die Richtigen für Sie sind. 

Und wenn Sie nun die Lust auf neue Objektive gepackt hat, dann freue ich mich! Hinterlassen Sie gerne Kommentare oder Anregungen unter dem Artikel. Auch Fragen beantworten wir jederzeit gerne. Vielen Dank! 

Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Fotografieren! 

 

Evi Seeger, Schwarzwald, Vollmond
Vollmond über dem Schwarzwald fotografiert mit der Nikon D750 und dem Sigma 150-600mm F5,0-6,3 DG OS HSM Contemporary Objektiv
Objektiv - Alpenblick, Hornisgrinde, Evi Seeger
Alpensicht von der Hornisgrinde fotografiert mit der Nikon D7200 und dem Sigma 150-600mm F5,0-6,3 DG OS HSM Contemporary Objektiv

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