Im Gespräch mit – Christian „Chako“ Habekost

„Pälzisch ist die Schatzinsel im Redefluss der Unverbindlichkeiten und Oberflächlichkeiten.“ (Chr. Habekost)

Christian „Chako“ Habekost ist nicht nur im „Pfälzischen Sprachraum“ als Kabarettist, Comedian und „MundArtist“ eine feste Größe. Über den Groove im „Pälzisch“, seine Liebe zu den karibischen Inseln und zur dortigen Kultur und natürlich über Elwenfels steht er im Heimatlichter Magazin Rede und Antwort.

Heimatlichter: Das Interview dürfen wir ja nur machen, weil wir auch in der Pfalz wohnen – oder lässt du auch andere Interviewer ran?

Chako Habekost: Prinzipiell darf jeder Mensch mit mir sprechen, egal welche Sprache er spricht (lacht). Manche verstehe ich gut, manche verstehe ich nicht so gut. Aber das wäre ja schlimm, wenn ich da schon anfangen würde, im „Kleinklein“ zu trennen. Ich bin eh der Meinung, dass wir uns viel zu oft und 
viel zu bereitwillig trennen lassen zwischen rechts- und linksrheinisch oder zwischen Vorderpfälzer und Hinterpfälzer – und was es noch alles gibt, wo man sich noch trennen und mit den Fingern aufeinander zeigen kann. Es lohnt sich glaube ich nicht, in so einer relativ kleinen Region, die jetzt 
nicht so mächtig ist wie Bayern. Wir sollten zusammenhalten, denn der Sprachraum ist eigentlich 
viel mächtiger als irgendein politisch „gezirkeltes“ Feld von Bundesländer-Zuweisungen. Ich finde, 
der Sprachraum sollte viel mehr gelten als irgendwelche politische Einheiten. Also: es darf jeder 
gerne alles fragen.

Dein Kommissar Carlos Herb (A.d.R.: Elwenfels-Krimibuchreihe von Chako und Britta Habekost) ermittelt nun seit einigen Jahren in der Pfalz. Im „Traubentod“ spielt der FCK gegen den HSV 2:0 – bist du Hellseher? 

(lacht …) Das hab‘ ich völlig vergessen – das stimmt, du hast recht! Ich war jetzt gegen den HSV auf dem „Betze“ und es war ein grandioses Spiel. Es war zwar nicht ganz so spannend wie gegen Heidenheim – des is so än klääner Ort, isch weiger misch ääfach zu glaube, dass die in die Bundesliga uffsteige solle dürfe. Aber verdient haben sie das! Auf jeden Fall war es so betzenmäßig, weil der FCK innerhalb von anderthalb Minuten am Ende zum Ausgleich kam. Und diesen Sieg gegen den HSV habe ich so genossen, dass ich ganz vergaß, dass ich es sozusagen im Buch vorhergesehen habe.

Natürlich ist der FCK auch in unseren Elwenfels-Romanen sehr wichtig für alle. Im ersten Buch „Rebenopfer“ z.B. fahren die Elwenfelser mit einem alten roten Doppeldecker-Bus zum Spiel auf den „Betze“. Für die gemeinsame Identität als Pfälzer oder die Identität als regionaler Mensch, der hier lebt, ist dieser Club sehr wichtig. Dieses wahre Klischee, dass dieser Fußballverein die Menschen vereint – ich glaube, das ist bei uns wirklich noch viel extremer als in vielen anderen Städten und Regionen.

Wird es eine Fortsetzung geben, die Schorle ist ja noch nicht leergetrunken?

Rückfrage: Warum müsste die Serie zu Ende sein? Was lässt dich das denken?

Weil nun die wichtigsten Mitglieder der Mafia-Bande tot sind.

Stimmt. Aber natürlich weißt du ja aus diversen Netflix Serien, über die wir im letzten Buch mehr oder weniger indirekt auch geschrieben haben, dass man die Kreativität einfach nur ein bissl heftiger wirbeln lassen muss und schon geht’s weiter. Wir haben’s ja auch direkt geschrieben: Wenn du bei der Kulekovbande (A.d.R.: die „Bösen“ im Roman) einen zur Strecke bringst, dann wachsen zwei andere nach …so laaft’s!

Aber natürlich gibt es auch noch genügend andere Sachen, die uns weiterschreiben lassen. Im Prinzip geht’s ja immer um den „Culture Clash“ – etwas Fremdes, was anderes oder auch Andersartiges in Elwenfels. Dadurch werden die Einwohner mehr oder weniger heftig herausgefordert und müssen dann darauf reagieren, egal ob es jetzt Hamburger sind oder Soldaten, Erleuchtungssuchende, Archäologen oder Filmleute. Daraus ergibt sich dann mehr oder weniger der Plot und die Komik. Da gibt es jetzt schon viele weitere Ideen, wie’s weitergehen kann (lacht).

Wir spinnen jetzt schon rum, weil die Leute natürlich auch danach fragen, ob und wie es weitergeht. Und eigentlich haben wir schon eine schöne Idee, aber da will ich jetzt noch nicht ins Detail gehen. Aber wenn du genau nachdenkst und das Buch genau gelesen hast, dann ist das schon „angelegt“ – der Anthony (A.d.R.: Figur im Roman) erzählt in einer Szene über die Geschichte des Films „The Beach“ mit Leonardo di Caprio: „Der Strand war früher total einsam. Und als dann der Film im Kino kumme is, könnt ihr euch denke, wie’s dann zugange is. Zwanzigtausend Touris pro Tag.“ Und dann sagt die Elsbeth: „Du, isch glaab, des wär e bissel zu viel fer uns. Schon zwanzig ohne Tausend wär bei uns Landfriendensbruch.“ Da könnte schon der Kern für den nächsten Band liegen. Gugge mer mol!

Was hat dich eigentlich in die Karibik verschlagen?

Also erstmal hat mich damals die Musik total angefixt. Der Reggae. Dieser Rhythmus hat irgendwie etwas in mir ausgelöst, das war wie ein Sog. Für mich war es logisch, wenn man auf so auf Reggae abfährt, dass man auch schauen muss, wo er entsteht. Und daher bin ich erstmals nach Jamaika geflogen. Dadurch hat sich eine lange Jahre dauernde Liebe entwickelt. Ich bin dann immer wieder hingefahren, auch auf die anderen Karibikinseln bis runter nach Trinidad & Tobago.

Dort haben sie mich dann irgendwann einmal gefragt, was machst du eigentlich beruflich zu Hause in Deutschland? Darauf habe ich geantwortet: „Da bin ich Comedian, live auf der Bühne.“ Und daraus ist dann die Idee entstanden, dass ich auch dort versuche aufzutreten. Ich habe also einen Calypso-Song geschrieben, den wir dann beim Karneval in Trinidad zur Aufführung gebracht haben. Das Stück handelt davon, wie sich ein Weißer fühlt, wenn er sich unter lauter karibischen Menschen bewegen will: also genauso tanzen will, genauso cool sein will, sich genauso toll anziehen will. Bloß auf so einer weißen Haut wirken größere bunte Muster ganz anders als auf einer dunkleren Haut. Damals hat man das alles noch relativ unbefangen machen und spielerisch damit umgehen können. Heute legt man bei so einem Thema jedes Wort auf die Goldwaage – nur bei uns, nicht in der Karibik, bezeichnenderweise.

Am Anfang habe ich in der Karibik recherchiert und dann meine Doktorarbeit über karibische Performance-Stile geschrieben, und dann bin ich Jahre später selbst aufgetreten. Es hat sich eine langjährige Liebesbeziehung zu diesen Inseln entwickelt. Was mich dort extrem fasziniert hat, sind zwei Sachen: Einmal, dass verschiedene Kulturen sich so mischen, dass daraus eine völlig neue Kultur wird, die so faszinierend ist, weil sie unfassbar dynamisch ist – weil sie eben aus zwei oder mehreren verschiedene Kulturen mehr oder weniger das Beste oder das Stärkste herauszieht. Das Zweite ist, wie die Leute mit ihren verschiedenartigen Kulturen, die in ihrem Land vorhanden sind, umgehen. Sie haben da eine  Selbstverständlichkeit, die würde ich uns heute hier in Deutschland auch mehr wünschen. Wenn du den Menschen in Trinidad erzählen würdest, das man gewisse Wörter nicht sagen darf, weil es dann gefährlich wird, dann hätte das schon ein gewisses Komikpotenzial bei den Trinis. „Wie würdest du zu dem sagen, der da vorne steht?“ Und wenn sie dann merken, wie schwer es ist bei uns, diesen Menschen genauer und vor allem korrekt zu beschreiben, weil er vielleicht eine anders getönte Haut hat, dann würden sie sagen: „Dann seid bloß froh, dass ihr nicht so bunt seid wie wir“.

Haben die Menschen in Jamaika deinen Dialekt verstanden?

Das ist natürlich das dritte Element, was ich noch vergessen habe. Über die Faszination darüber habe ich auch die Doktorarbeit geschrieben. Mit der Kreolsprache war es möglich – sie ist eine Mischung aus englischen Wörtern, die anders ausgesprochen werden, und aus afrikanischer Grammatik – zur Musik, aber auch ohne Musik, einen musikalischen Vortrag zu machen. Das heißt, ob mit oder ohne Musik, die Sprache hat eine eigene Melodie und einen innewohnenden Groove. Und da habe gedacht, dass muss doch bei uns auch funktionieren. Also habe ich das auf Pfälzisch versucht – und das hat genauso gut funktioniert, weil Pälzisch halt groovt, weeschwieschmään?! Mit so einem Vortrag hatte ich dann so eine Art Alleinstellungsmerkmal. Bis heute ist es das, was „de Chako“ anders macht – die Verbindung aus Sprache und Musik. Und dass man nicht nur Dialekt spricht, um zu schimpfen und zu krakelen, sondern mit dieser wunderbaren Sprooch alles möglich ist. Die Inspiration, aus unserer Mundart eine eigene Kunstform zu machen, die habe ich aus der Karibik.

Das ist ja ein „fotografisches“ Interview. Wie kommst du auf die Ideen für die Fotos / Bilder  
deines Programms, Musik und Bücher? 


Die ersten drei Bücher sind bei der PVA (Verlag der Rheinpfalz) erschienen. Damals war das mehr oder weniger Neuland, da die PVA u.a. Wander- oder Rezeptbücher veröffentlicht hat. Und unsere Idee von einem „anderen“ Regionalkrimi stieß glücklicherweise auf vorsichtiges Interesse. Wir hatten damals relativ viel freie Hand. Die Cover der ersten drei Bände wurden von meinem „Hausgrafiker“ Tino Latzko aus Neustadt entworfen, ein großartiger Typ, der für uns auch heute noch alle Plakate und alle grafischen Arbeiten macht.

Nachdem die PVA aber geschlossen wurde, hatten wir das Glück, zum Piper Verlag wechseln zu können, ein richtig großer, überregionaler Publikumsverlag, bei dem auch schon meine „Gebrauchsanweisung für die Pfalz“ erschienen war. Und die Leute aus München wollten eben nicht einfach nur bei „Elwenfels“ Nummer 4 weiter machen, sondern die ganze Reihe nochmal neu auflegen. Deswegen haben wir praktisch mit Band 1 noch einmal angefangen. Der Piper-Verlag hatte seine eigenen Hausgrafiker, die uns dann Vorlagen gegeben haben. Man muss allgemein so einige Kompromisse eingehen. Glücklicherweise nicht so sehr beim Text: Wir konnten da noch viel vom Dialekt drin behalten, dass es in der wörtlichen Rede wenigstens noch pfälzisch wirkt – andere Regionalkrimis kommen da viel geglätteter rüber. Aber bei der Grafik haben wir jetzt leider nicht so viel Einfluss gehabt. Das ging dann sogar so weit, dass beim ersten Band im ersten Entwurf, der von einem Grafikbüro aus München kam, überhaupt keine Pfälzer Wingerte abgebildet waren, sondern Weinberge von der Mosel. Das hatten die anfangs gar nicht gemerkt (lacht).

Alles in allem sind wir aber sehr dankbar, dass unsere Elwenfels-Reihe in so einem renommierten Verlag erscheint und damit die Pfalz im ganzen deutschsprachigen Raum auch literarisch würdig vertreten ist.

Chako, ganz herzlichen Dank für dieses Gespräch!
 
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