„Ich bin Gründungsmitglied von Fotopodcast.de und seit der ersten Folge mit dabei. Der Podcast ist mir ans Herz gewachsen und wird von uns gerne betrieben – von Fotografen an Fotografen, ganz egal ob Einsteiger, Semi- oder Profi. Von Du auf Du in der Fotografie.“
(Michael Eloy Werthmüller)
Seit 2008 produziert ihr den Fotopodcast. Wie seid ihr eigentlich auf die Idee gekommen?
2008 war das Thema Podcast noch ganz neu. Es war eigentlich eine Einrichtung von Apple zur schulischen Fortbildung und universitären Vorlesung, wenn man nicht anwesend sein konnte. Wir haben uns damals gedacht, ein Podcast über Fotografie ist auch etwas lehrreiches.
Damals gab es als erstes „Happy Shooting“. Wir haben uns das angehört, fanden das cool, waren aber der Meinung wir würden es anders machen. Die weiteren Gründungsmitglieder Stefan und Marek hatten sich dann zuerst zusammengesetzt. Für eine größere Themenvielfalt, aber auch Krankheits- und Urlaubsfälle war ihre Meinung: „Wir brauchen einen Dritten!“. Die beiden hatten zu der Zeit eine Fotoagentur, ich war selbstständiger Fotograf und dann haben wir uns zusammengesetzt und angefangen zu podcasten – und das hält bis heute.
Wie hat sich die Technik bei der Podcast Produktion seitdem entwickelt? Gibt es Hard- und Software, welche die Produktion nach der Aufnahme beschleunigen und welches Equipment setzt ihr heute ein?
Es hat sich unheimlich gewandelt. Die Vorgabe damals war: jeder musste sich ein Zoom-H2 kaufen. Wir hatten den Vorteil, dass unser Team um Fulda ansässig war und wir uns treffen und sehen konnten. Dann kamen wir auf den Trichter, dass wir mit 3 Redakteuren ja schon gut zu tun hatten, aber doch nicht immer in der gewünschten Zeit alles fertig machen konnten und wuchsen auf 6 Teammitglieder. Die persönlichen Treffen waren nicht mehr umzusetzen, kamen diese doch aus Cloppenburg, Fulda, Groß-Gerau und Vechta und wir haben es versucht mit Skype, dann mit Google Hangouts und es sogar probiert mit Google Hangouts live zu videocasten. Hier gab es dann aber einige Schwierigkeiten. Daher haben wir dann gesagt: „Wir sind ein Audio Podcast und kein Video Podcast“. Dann haben wir angefangen, über Studiolink zu arbeiten. Der Neufi ist aus unserem Team der „Techniker“ und er meinte, dass er dazu etwas was gelesen hätte. Und tatsächlich hilft uns Studiolink, eine sehr gute professionelle Audioqualität über IP-Connection zu erreichen und haben auch die Chance, wie beim Mischpult nachzuregeln und auch schon Kapitelmarken einzugeben, so dass wir beim Schneiden schneller durchkommen.
Das Schneiden an sich funktioniert immer gut, wenn es noch „frisch“ und man weiß wo was ist. Wenn wir dann fertig geschnitten haben, alles mit den Kapitelmarken vorbereitet ist, dann schalten wir noch Auphonic dazwischen. Das ist unsere kleine Geheimwaffe, die wir im Hintergrund haben. Auphonic hat damals angefangen, ihre Magie sagen wir mal so – im Hintergrund so zu etablieren, dass man damals wie auch heute für 2 Stunden monatlich kostenlos etwas Bearbeiten lassen kann. Sie haben aber auch schon damals das Augenmerk auf große Fernseh- oder Hollywoodproduktionen gelegt, wo es darum geht, das Audiofile separat von Filmen nochmal zu bereinigen und zu verbessern. Und das ist im Endeffekt auch schon das, was wir tatsächlich einsetzen. Wir haben natürlich ein großes Equipment und nutzen nicht mehr das Zoom-h2 und sind jetzt komplett auf Rode umgestiegen. Wir müssen tatsächlich sagen, dadurch hat sich die Audioqualität nochmal wesentlich verbessert. Die derzeitigen Procaster von Rode nutze ich als Mikrofon, bzw. auch die kleineren Modelle.
Das aktuelle Equipment macht den Sound satter und runder, und es macht auch viel mehr Spaß. Letztes Jahr (A.d.R. Podcaststudio auf der PHOTOPIA Hamburg) haben wir zum ersten Mal damit gearbeitet und Dieter Bethke von der Fotophonie sagte dann: „Der Michael muss von dem Mikrofon weg. Bei mir bebt der Lautsprecher, der Bass ist so heftig – es fällt was um!“. Und dann saß er im Studio hat gesagt: „Du musst ja wirklich ganz nah ans Mikro, sonst hörst du nichts.“.
Wer war dein interessantester Gast?
Das ist schwierig. Wir hatten über die Jahre ganz viele tolle Gäste gehabt. Guido Karp (A.d.R. deutscher Konzert-Fotograf) war sehr unterhaltsam und sehr offen mit dem, was er erzählt und wie er angefangen hat. Aber ich glaube, am meisten beeindruckt hat mich tatsächlich Gerhard Kromschröder. Über eine gemeinsame Freundin und Fotografin – Inge Werth – die jetzt 93 Jahre alt ist, wurde der Kontakt hergestellt. Er hat mich dann in die Hamburger Häuser eingeladen. Die Hamburger Häuser sind ein tolles, denkmalgeschütztes Viertel direkt am Dammtor und der Uni. Wir saßen in seinem Büro und haben uns wirklich Zeit genommen – in aller Ruhe alles aufgearbeitet, um ihn als Person vorzustellen. Thematisch ging es dazu noch um eine Ausstellung in Frankfurt, wo er bei „Pardon“ lange gearbeitet hat – dem Satiremagazin vor der „Titanic“. Dieses Vertrauen, welches man dann von den Gesprächspartnern genießt, die dir wirklich viel von sich offenbaren, das empfinde ich als eine der höchsten Ehren oder Würdigungen, die wir empfangen können.
Bei den vielen hochinteressanten Gästen, die wir bis jetzt zu Gast hatten, hat mich Kromo (A.d.R. Gerhard Kromschröder) am meisten beeindruckt, der in seiner Art und Weise mit seinen über 80 Jahren immer noch so einen Humor hat und so keck ist, in dem was er tut. Das ist ein Erlebnis! Eigentlich war er ja gar kein Fotograf, sondern Journalist, die so viel interessantes zu erzählen haben und fotografierte schon immer aus Neugierde und Eigeninteresse. Und Kromo hatte in dem erwähnten Interview noch die Original Fototasche, mit der er im Emsland als junger Mann angefangen hatte – das war faszinierend und ein toller Moment.
Erzähle mal deine lustigste Begebenheit mit deinen Gästen?
Lustige Begebenheiten haben wir immer wieder, wenn wir uns verhaspeln oder einen Lachflash kriegen. Aber es gibt eine Folge, die heißt „Michael in High Heels“. Ich habe erst nicht verstanden, warum die Folge diesen Namen bekommen hat. Es hat einer der Kollegen geschnitten und publiziert und ich musste daher selber nachhören, was passiert war. Ich hatte in dieser Folge darüber gesprochen, dass Mädels zum Akt- oder Dessous Shooting zu mir kommen und sich bei Deichmann High Heels kaufen, die sie dann nur beim Shooting tragen und dann wieder zurückgeben. Darauf sagte ich „Das habe ich auch schon mal gemacht – PAUSE – mit einem Objektiv beim MediaMarkt“. Und diese Pause hat dafür gesorgt, dass meine Kollegen dies auf die High Heels bezogen haben und das gab der Folge dann diesen Namen. Das war sehr witzig, weil es unerwartet war.
Dann kam dann die Folge mit dem Neufi, wo kein Mensch uns erklären kann, warum ich ihn auf einmal auf einem Berg hab stehen sehen – ähnlich wie Benjamin Blümchen – aber in einem Hula-Röckchen. Und dann sagte Neufi: „Die gibt es doch gar nicht in meiner Größe?“. Und darauf erwiderte der Thomas: „Doch, im Baumarkt.“. Und daraufhin meinte ich: „Das sind doch Sichtschutzmatten?“ – Und das sind Momente, die beim Aufnehmen tatsächlich passiert sind.
Wenn ansonsten wirklich mal ein kleiner Fauxpas oder Versprecher passiert, wird er meistens rausgeschnitten.
Du bist ja nicht nur Podcaster, sondern hauptberuflich Fotograf. Was sind deine Schwerpunkte?
Am liebsten mache ich etwas mit Menschen. Tatsächlich ist es so meins, Menschen vielleicht durch einen Impuls, da ich kein typischer Fotograf bin der sagt: „Lach mal“, diesen irgendwie von der Fotografie wegzutragen und versuche durch einen unerwarteten Spruch oder ein Gespräch locker zu bekommen. Das macht mir unheimlich viel Spaß.
Ansonsten habe ich so einen Schwerpunkt, was meine Vergangenheit wieder nach vorne bringt: Ich war jahrelang Showtänzer als Leistungssportler und habe Formationstanz getanzt. Irgendwann bin ich dann in der Fotografie angekommen und hatte mich als Fotograf für Musicals in Fulda beworben. Als Fotograf hatte ich mich für das Musical „Die Päpstin“ vorgestellt, wäre aber zu teuer gewesen. Dabei hatte ich gar keinen Preis genannt – es war eigentlich so, dass sie zu wenig bezahlt hätten. Zum Ende habe ich erst einmal beim Musical tanzen dürfen und wurde als Laientänzer engagiert. Nach 7 Wochen durfte ich dann fotografieren und seitdem darf ich dort zeigen, was ich kann. Dies ist daher einer der Bereiche, der mich so ein bisschen triggert, da ich einfach anders in dieses Genre hinschaue. Tanzen war und ist eine Leidenschaft von mir und etwas, was mich im Leben geprägt hat. Wenn du selber getanzt hast, dann siehst du zum Beispiel, wenn jemand sich zum Absprung vorbereitet, du weißt wann er springt oder du fotografierst Szenen anders. Ich wurde auch immer wieder gefragt: „Wie machst du das, diese Tanzszenen so zu fotografieren?“ – ich höre auf den Takt und den Rhythmus!
Ansonsten fotografiere ich auch Hochzeiten, was aber weniger wird. Es werden aber immer mehr Veranstaltungen, wie Familienfeiern. Dazu habe ich für mich eine Nische gefunden: ich fotografiere Speiseeis! Das habe ich lange Zeit gemacht, mittlerweile eher sporadisch. Ich war und bin hier für Eisdielen deutschlandweit unterwegs und habe für die Karten fotografiert, u.a. auch für die Mein Schiff 1. Als dieses dann von 1.500 Menschen umgebaut wurde, stand ich in der Lloyd-Werft und der Küchenchef hat sich selbst um das Präparieren des Eises gekümmert. Ich habe in meinem Leben noch nie so lange gebraucht, etwa ein Dutzend Eisbecher zu fotografieren – etwa 8 Stunden Arbeit! ich war danach völlig kaputt, es ging nichts mehr an diesem Tag. Aber das war wirklich ein Erlebnis, weil es eine Kunst war, wie der Küchenchef jeden Eisbecher mit jedem Detail exakt herrichtete.
Ich habe ja seit Jahren keine aktive Webseite, für welche du dir Zeit nehmen musst, um diese zu aktualisieren. Wenn du als Fotograf einen Job gut machst oder du wirst empfohlen, dann bekommst du auch Vertrauen geschenkt, über welches du immer weiter als Fotograf arbeiten kannst. Das ist wirklich eine ganz, ganz tolle Erfahrung, die wir als Fotograf erleben dürfen.
Was treibt dich nach 15 Jahren an, immer noch den Podcast zu moderieren?
Das ist der Spaß dahinter, das ist das Team, das ist die Art und Weise wie wir miteinander umgehen, das ist Freundschaft, das sind auch die Möglichkeiten, welche du im Podcast mittlerweile hast. Dann eine gewisse Anerkennung, weil man bekannter ist. Dass man mit der PHOTOPIA kooperieren kann, man hier in Hamburg offiziell auch die Aufnahmen macht, dass die Aussteller auch vom letzten Jahr kommen und sagen, wir würden gerne wieder was machen. Auch das wir seit drei Jahren offizielle Berichterstatter des Festival La Gacilly-Baden Photo 2023 sein dürfen, ist eine große Ehre für uns und Thomas hatte bereits 2022 eine eigene 360° Ausstellung vor Ort. Ich glaube tatsächlich, es war noch nie der große finanzielle Hintergrund beim Podcast, weil das ist nicht unsere Haupteinnahmequelle, aber die Werbeplattform für uns selber als Fotografen ist, ohne uns dabei in den Vordergrund zu stellen.
Wir haben im Podcast eine bunte Mischung, tragen alles zusammen in einer großen Liste und jeder ist für seine Themen eigenverantwortlich. Wir sprechen uns aber vorher ab, wer was macht. Wir fangen uns auf, wenn einer mal nicht kann. Es gibt bei uns überhaupt keinen Zwang – das ist das Tolle an dieser Geschichte. Bei uns im Podcast waren mittlerweile einige Redakteure – hauptsächlich Redakteure und Ulrike ist die erste Redakteurin – und das ist toll! Sie gibt dem Podcast tatsächlich noch mal so einen tollen Abschluss.
Jeder der bei uns war, darf jederzeit wiederkommen. Das ist auch ein Pluspunkt für die Hörer. Diese Community, die wir in der Redaktion haben ist das eine und das andere sind unsere Hörerinnen und Hörer. Wenn diese Feedback geben, ob Fragen oder kleine Probleme oder ein Lob ist oder ein Verbesserungsvorschlag, ob das unter den Kommentaren ist oder direkt mit Mails – das hilft uns besser zu werden und hilft uns auch, den entsprechenden Kontakt zu halten. Das ist das eigentlich Tolle beim Fotopodcast. Keiner ist abgehoben, keiner arrogant – wir arbeiten alle auf Augenhöhe und jeden den wir treffen, schätzen wir.
Die Produktionen kosten viel Zeit, aber es macht uns allen im Team sehr viel Spaß und wir selber lernen viel voneinander.