Nick Schmid ist Landschaftsfotograf und Fotografie-Coach aus dem Südschwarzwald und folgt seiner Leidenschaft seit 2016. Was einst als Ausgleich zur langen Bildschirm-Zeit im Büro-Job begann, hat sich für ihn längst zur erfolgreichen, selbständigen Nebentätigkeit weiterentwickelt. Was es mit seinem selbstgewählten Motto “See the world with different eyes” auf sich hat, wohin er zum Fotografieren am liebsten reist und warum es so schwer ist, als Fotograf nachhaltig unterwegs zu sein, berichtet er im Interview mit dem Heimatlichter Magazin.
Heimatlichter: Wo bist du geboren und aufgewachsen?
Nick Schmid: Ich bin in Waldshut geboren und bis zum Kindergartenalter in Bernau im Schwarzwald aufgewachsen, danach in Grafenhausen bei Rothaus. Mittlerweile wohne ich in Waldshut-Tiengen an der Schweizer Grenze.
Wo lebst du jetzt und was gefällt dir an diesem Ort ganz besonders?
In Waldshut-Tiengen wohne ich am Stadtrand, wo es direkt in den Wald rein geht. Was mir daran gut gefällt ist, dass ich Natur um mich herum habe. Es ist sehr ruhig hier und es kommt schon mal vor, dass vor meinen Fenstern Rehe rumlaufen. Hier ist einfach mein Rückzugsort, um zu entspannen. Das Schöne ist, dass es trotzdem zentral gelegen ist – ich bin sehr schnell in der Stadt, schnell bei der Arbeit oder auch schnell mal in der Schweiz, wo ich öfter fotografiere. Ich habe es auch nicht weit in meine alte Heimat, den Schwarzwald.
Was bedeutet für dich Heimat?
Heimat bedeutet für mich einfach, dort zu sein, wo ich mich wohlfühle. Das muss nicht unbedingt der Schwarzwald sein, das kann auch sonst wo auf der Welt sein. Wenn ich zum Beispiel in einem Camp auf Island bin, dann fühle ich mich auch sehr heimisch, da ich dort viel Natur um mich herumhabe. Also überall, wo Natur um mich herum ist, fühle ich mich einfach heimisch.
Wie lange fotografierst du schon und wie bist du dazu gekommen?
Ich fotografiere seit Anfang 2016 – das habe ich noch ziemlich genau in Erinnerung. Der Anlass war, dass sich meine Ausbildung in einem Bürojob ziemlich eintönig gestaltete. Es war immer der gleiche Ablauf – ich bin zur Arbeit gegangen und saß acht Stunden vor dem Rechner. Um Abwechslung in meinen Alltag zu bekommen, habe ich nach einem Ausgleich gesucht. Ich habe mir dann meine alte Kamera geschnappt, die ich noch im Regal stehen und bis dahin nie benutzt hatte. Bei Youtube habe ich mir ein paar Tutorials angeschaut, wie man Kameraeinstellungen macht, und zu den Grundlagen wie Blende, Iso, Verschlusszeit.
Das Erste, was ich bewusst fotografiert habe, war der Sternenhimmel. Das hat mich dann sehr fasziniert – weil ich ein Bild hinbekommen habe, was ich so nicht erwartet hätte, und dass die Sterne scharf zu sehen sind. Der Nachthimmel war für mich vorher immer so ein Ding der Unmöglichkeit zu fotografieren. Ab dem Moment hat es mich so gepackt und fasziniert, dass ich dann in jeder freien Minute raus in die Natur bin und meine Kamera mitgenommen habe. Stück für Stück habe ich mir so das Fotografieren beigebracht. So hat es sich immer weiter entwickelt. Nun stehe ich heute hier und die Leidenschaft hat nicht nachgelassen.
Da hast du dir für den Anfang ja gleich ein richtig schweres Motiv ausgesucht!
Ja, das stimmt! Aber es hat irgendwie Sinn gemacht, da es im Schwarzwald ja so einen schönen Sternenhimmel gibt. Natürlich hat auch nicht gleich alles auf Anhieb geklappt. Aber als ich es dann hinbekommen habe, war ich ziemlich stolz darauf, und das hat bei mir das Feuer entfacht.
Mit welchem Kamerasystem / mit welcher Marke fotografierst du?
Angefangen habe ich mit einer Canon 700D – das war eben die besagte Kamera, die ich noch im Regal rumstehen hatte. Mit dieser Kamera habe ich auch die ersten zwei bis drei Jahre fotografiert. Damals hatte ich noch nicht die Möglichkeiten, mir eine richtig teure, professionelle Ausrüstung zuzulegen. Deswegen musste ich erst mal lernen, wie man mit so einer recht einfachen Ausrüstung gute Ergebnisse erzielt. Letztlich hat mir das sehr geholfen, weil man damit das grundlegende Verständnis fürs Fotografieren erhält.
Man denkt ja oft, wenn man keine guten Bilder macht, liegt es an einer schlechten Kamera. Ich hatte eben keine andere Möglichkeit, mit einer besseren Kamera zu fotografieren. Deswegen habe ich gelernt, aus einer Anfängerkamera das Bestmögliche herauszuholen. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich mich entschieden habe, richtig zu investieren und mir eine ordentliche Ausrüstung zuzulegen. Ich bin mittlerweile bei einer Nikon D850 gelandet und habe einige Objektive von Sigma und Tamron. Was die Brennweite angeht, decke ich da den Bereich zwischen 14 und 600 mm ab. Auf meiner Webseite kann man auch nachlesen, welches Equipment ich genau benutze.
Wie hast du dir das Wissen rund um die Fotografie angeeignet?
Anfangs habe ich mir alles selbst beigebracht, irgendwann später habe ich dann auch mal einen Workshop besucht. Das meiste habe ich mir aber tatsächlich selbst angeeignet durch Ausprobieren, Videos anschauen, in Foren nachlesen etc.
Welches sind für dich die schönsten Momente beim Fotografieren?
Am schönsten finde ich, wenn man weiß, was man für ein Foto getan hat. Also wenn man eine anstrengende Wanderung mit vielen Höhenmetern hinter sich hat, früh morgens um 3 Uhr aufstehen und den schweren Fotorucksack mit sich tragen musste. Dann oben am Gipfel ankommt und ein wundervolles Nebelmeer sieht oder einen grandiosen Sonnenaufgang. Damit wird man für seine Arbeit und seinen Einsatz belohnt und kann dann die wunderschöne Natur begutachten, alle Strapazen sind vergessen. Da bin ich immer wieder sehr dankbar, in der Natur zu stehen und diese einzigartigen Momente zu erleben.
Auch so was wie die Nordlichter in Island zu sehen – das war für mich unvorstellbar schön. Es war richtig emotional, so etwas zu erleben! Das sind auch so Momente, wo ich denke: „Wow, wir leben in einer richtig schönen Welt“, und so vieles bekommt man gar nicht mit, weil man zu diesen Uhrzeiten nicht wach ist. Die Welt ist wunderschön und das habe ich erst durch die Fotografie so richtig realisiert. Das geht oft im Alltagsstress unter.
Wo zieht es dich hin, wenn du mal nicht in der Heimat bist?
Überall auf der Welt, wo es mich gerade hintreibt! Ich gehe immer wieder gerne nach Island – das ist für mich ein Ziel, das ich regelmäßig bereise -, aber auch einmal im Jahr etwas völlig Neues. Im Jahr 2020, kurz vor dem Corona-Lockdown, war ich zum Beispiel in Sibirien. Anfang 2022 war ich dann in Spanien – das war für mich auch etwas Neues. Davor war ich in Norwegen. Also, ich versuche immer einen neuen Ort zu bereisen. Das will ich auch zukünftig beibehalten. In der Schweiz, in den Alpen bin ich immer wieder mal, da es nicht so weit von zu Hause entfernt ist. Aber trotzdem erkunde ich auch immer wieder gerne den Schwarzwald und es gibt immer wieder Ecken, die ich noch nicht gesehen habe. Generell kann man sagen, dass es mich eher in kältere Regionen zieht – vor allem, weil man da oft Berge und Schnee hat und das eine Kombination ist, die ich sehr gerne mag.
Sibirien ist ja ein außergewöhnliches Reiseziel. Wie bist du darauf gekommen und was gibt es da zu sehen?
Das Faszinierende in Sibirien ist, dass man den riesigen Baikalsee hat, und in den Wintermonaten friert dieser See komplett zu. Die Eisschicht ist dann ein bis zwei Meter dick und man kann sogar mit dem Auto auf dem zugefrorenen See fahren. Das Eis hat faszinierende Strukturen, z.B. Luftblasen, die im Eis eingeschlossen sind. Auch Felsen, die normalerweise im Wasser stehen und im Winter dann aus dem Eis herausragen, sind sehr imposante Motive.
Was mich an Sibirien auch sehr fasziniert hat, war die Kultur dort und die Bewohner kennen zu lernen – das sind sehr gastfreundliche Menschen. D.h. an Sibirien hat mich nicht nur der fotografische Aspekt gereizt, sondern eben auch der kulturelle Aspekt. Eine Besonderheit ist auch die extreme Kälte. Als wir dort waren, hatte es an einem Tag sogar minus 20 Grad.
Wie haben sich die niedrigen Temperaturen denn auf das Foto-Equipment ausgewirkt?
Die Akkus sind natürlich bei der Kälte ein großes Problem. Man muss versuchen, sie ständig zu wärmen, in dem man sie direkt am Körper trägt, z.B. in einer Innentasche der Jacke. Für die Objektive hatten wir eine Objektivheizung – das ist so ein Art Band, das man um das Objektiv legt und das über ein USB-Kabel mit einer Powerbank verbunden ist. Trotzdem war es teilweise so kalt, dass die Linse eingefroren ist und dann beschlagen war.
Welche weiteren Ziele hast du geplant?
Alaska steht weit oben auf meiner Liste und auch Nepal bzw. das Himalaya-Gebirge. Und seit ich ein Kind bin, träume ich davon, einmal in die Antarktis zu den Pinguinen zu reisen. Aber eine feste Planung für diese Reiseziele gibt es nicht.
Welches Reiseziel hat dich bisher fotografisch am meisten beeindruckt?
Rein fotografisch war das Island. Es ist ziemlich schwierig, Island zu toppen, weil es einfach sehr vielseitig ist – es gibt dort Eis, Gletscher, Berge, endlose Vulkanwüsten. Außerdem kann man die Nordlichter sehen, was für mich so das größte Highlight ist, was man in der Natur fotografieren kann. Das Außergewöhnlichste und Prägendste war allerdings schon Sibirien, weil einfach die Kultur dort noch so eine große Rolle gespielt hat.
Warum bist du beim Heimatlichter-Netzwerk dabei und was gefällt dir daran am besten?
Benny Kuderer hat mich gefragt, ob ich gerne dabei sein möchte, schon ziemlich zu Beginn der Plattform. Mich hat begeistert, dass Heimatfotos etwas für den Wert der Fotograf:innen machen möchte. Es gibt ja sehr viele Stock-Seiten, bei denen die Bilder wirklich verscherbelt werden – was der Fotograf da an Geld erhält, ist einfach lächerlich. Ich finde bei Heimatlichter toll, dass sie ganz viel Marketing machen, die Fotograf:innen unterstützen, und das ist eine Win-Win-Situation für alle!
Was möchtest du mit deinen Bildern vermitteln und wem?
Auf meiner Homepage steht der Slogan „See the world with different eyes“, also auf deutsch „Sieh die Welt mit anderen Augen“. Das hat mehrere Bedeutungen – zum einen durch mein fotografisches Auge, weil ich Perspektiven und Motive suche, die man so noch nicht kennt. Zum anderen möchte ich auch vermitteln: „Unsere Welt ist schön, sieh die Welt auch mal von der positiven Seite” – vor allem in den Medien wird viel Negatives berichtet, bei mir gibt es das Schöne der Welt zu sehen. Es gibt so wunderschöne Orte in der Natur, aber viele Menschen scheinen das nicht zu wissen. Ich möchte mit meinen Bildern das Bewusstsein bei den Menschen wecken, dass man auf die Natur achten sollte.
Welche Rolle spielt für dich das Thema Nachhaltigkeit?
Das ist sehr schwierig. Für mich persönlich spielt die Nachhaltigkeit schon eine sehr wichtige Rolle. Aber man muss als Fotograf, der viel reist und viel unterwegs ist, auch so ehrlich sein und sich nicht als der nachhaltigste Mensch bezeichnen. Es ist so ein Zwiespalt – einerseits möchte man zeigen, dass man auf die Natur achten soll, und andererseits geht das nicht immer auf einem nachhaltigen Weg. Als Fotograf würde ich mich daher nicht so stark mit Nachhaltigkeit brüsten, weil ich selbst kein großes Vorbild bin. Trotzdem will ich durch meine Bilder den Sinn dafür wecken, mehr auf die Natur zu achten, und Dinge im Alltag zu ändern, die man selbst beeinflussen kann, wie z.B. weniger Fleisch essen, Plastik vermeiden oder mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren.
Vielen Dank für deine Ehrlichkeit. Gibt es ein paar Kleinigkeiten beim Fotografieren, die du versuchst, nachhaltig zu gestalten?
Ich bin, was das Equipment angeht, recht minimalistisch, d.h. ich habe drei Objektive, mit denen ich alles abdecke und brauche auch nicht jedes Jahr etwas Neues. Somit habe ich meine Ausrüstung, mit der ich einige Jahre über die Runden komme.
Nick – vielen Dank für das tolle Gespräch und weiterhin viel Freude und Erfolg beim Fotografieren!
Danke auch.