Im Gespräch mit – Sabine Grossbauer

„Was mich an der Fotografie so fasziniert, sind die Möglichkeiten, etwas abzubilden, was das menschliche Auge gar nicht wahrnehmen kann (z.B. Makrofotografie, Langzeitbelichtung, …) und etwas auf ganz unterschiedliche Art und Weise zu zeigen, wie es vielleicht andere Leute an der selben Stelle wahrnehmen (Stichwort Bildgestaltung).” (Sabine Grossbauer)
Heimatlichter: Sabine, Du bist Fotografin mit Fokus auf Architektur, Interior & Food, Foto-Coachin – und Grafikerin und Webdesignerin. Wie bist Du zur Fotografie gekommen? Was war zuerst da – Fotografie oder Design?

Sabine Grossbauer: Ganz klar die Fotografie! Schon als Schulkind war ich auf den Ausflügen immer „die mit der Kamera“ (das war damals noch zu Analogzeiten). Die Faszination dafür hat mir meine Mutter praktisch in die Wiege gelegt und als ich dann mit 16 Jahren vom ersten Ferienjob-Geld eine Spiegelreflex kaufte, ging es so richtig los.

Im Studium an der Fachhochschule kam dann das Design dazu, da ich unbedingt was visuell Kreatives machen wollte. Eine Fotografenausbildung war überhaupt nicht auf meinem Schirm, aber es gibt natürlich sehr viele Parallelen zwischen Grafikdesign und Fotografie. Vielleicht dachte ich damals einfach unterbewusst, dass man mit Fotografie allein nicht genug Geld verdienen könnte. Wir kennen alle den Spruch vom hungernden Künstler 😉

Bis ich 2010 aus Salzburg nach Berlin zog und mich selbständig machte, blieb die Fotografie also immer „nur“ eins meiner liebsten Hobbies. Aber dann fing alles an, sich allmählich zu verzahnen: Ich designte die Webseite für einen Fotoworkshop-Anbieter und wurde gefragt, ob ich nicht auch ein oder zwei Kurse anbieten wollte. Beim Design einer Hotel-Webseite realisierten wir, dass das Hotel für den neuen Wellnessbereich noch dringend Bilder brauchte – und Sabine, du machst doch auch Fotos! 😀
Projekte in dieser Art, wo ich praktisch die gesamte visuelle Seite aus einer Hand anbieten kann, machen mir am meisten Spaß. Ausnahmen bestätigen die Regel!

Inwieweit ergänzen sich die beiden Bereiche Fotografie und Design? Liegt Dir etwas mehr als das andere? 

Ich würde sogar sagen, die Bereiche hängen extrem eng zusammen, da es ja in beiden Disziplinen um die visuelle, zweidimensionale Gestaltung geht. Man wird kaum Grafikdesigner finden, die kein Auge für Fotografie haben, und auch extrem wenig Fotografen, die keine Ahnung von Design haben. Für beide sind Konzepte wie Blickführung, Farbenlehre, Kontrast, Bild- bzw. Platzaufteilung und auch die Liebe zum Detail essentiell.

Es geht teilweise auch fließend ineinander über, zB. wenn ich für ein Food-Shooting die Teller und Props arrangiere – das sind auf dem Foto am Ende auch nur Farben, Formen, Flächen und Texturen. Ob ich die nun am PC-Bildschirm oder in der
physikalischen Welt herumschiebe, oder wie oft beim Fotografieren außerhalb des Studios im Sucher auf eine bestimmte Weise einfange, macht tatsächlich weniger Unterschied, als man vielleicht denkt.

Allerdings muss ich zugeben, dass mir das beim Fotografieren etwas leichter fällt… vielleicht weil hier die zur Verfügung stehenden Gestaltungsmöglichkeiten einfach nicht unendlich sind 😉

Arbeitest Du lieber im Studio und am Rechner oder zieht es Dich mehr nach draußen?

Eindeutig Letzteres! Wobei ich unter „draußen“ auch andere, neue Locations verstehe, welche auch Innenräume sein können. Später sitze ich bei der Bildbearbeitung eh wieder am Rechner und bei den Grafik- und Webprojekten sowieso, daher genieße ich es immer sehr, aus dem Home Office rauszukommen. Ich brauche einfach diesen kontinuierlichen Input von Neuem, damit die Kreativität nicht stagniert. Ohne Input kein Output!

Du bietest Fotokurse zu sehr unterschiedlichen Themen an: Makro-, Landschafts- und Architekturfotografie sind ja eher “klassische” Motive, “Lost Places” und Friedhöfe oder Kreativkurse eher ungewöhnlichere Themen. Wie findest Du die Ideen für Deine Kurse? Und welche kommen bei Deinen Teilnehmer:innen besser an?

Das ist zum Teil sehr unterschiedlich. Wenn ich selbst großen Spaß daran habe, an einer Location zu fotografieren, überlege ich oft, ob das auch für andere Fotografen interessant sein könnte und ich daraus einen Kurs basteln könnte.

Am besten ist es natürlich, wenn von anderen Fotokursteilnehmern Ideen kommen. Auf einen Streetfotografie-Kurs wurde ich beispielsweise vor vielen Jahren schon mal angesprochen, aber damals war ich noch fokussiert auf Street-Fotografie ohne Menschen und fühlte mich nicht qualifiziert für das Thema. Das hat sich inzwischen geändert und der Kurs kam bisher recht gut an.

Abgedrehtere Workshop-Themen wie „Minimalismus und grafische Fotografie“ oder „Abstrakte Fotografie im Studio“ kann ich leider nur 1 oder 2x im Jahr anbieten, da sie wohl einfach zu speziell für ein breites Publikum sind. Wenn sie dann aber mal stattfinden, sind die Teilnehmer alle begeistert!

Am besten laufen tatsächlich die „klassischen“ Themen wie Makro und Architektur – und der im Lost Place! 😉

GIBT ES THEMEN, DIE DICH IN DER FOTOGRAFIE ZUKÜNFTIG NOCH REIZEN WÜRDEN?

Was mich vor ein paar Jahren erst gepackt hat, ist beispielsweise die Street-Fotografie mit Menschen. Früher habe ich immer grummelnd gewartet, bis die Leute endlich aus meinem Bildausschnitt raus sind – und heute habe ich total Spaß daran, genau diese Leute mit einzubauen. Ich möchte auf jeden Fall in Zukunft ein paar mal bei Regen losziehen, um nochmal ganz andere Bilder einzufangen.

Auch die Drohnen-Fotografie fasziniert mich sehr aufgrund der extremen Perspektive und der grafischen Kompositionen, die man dadurch erreichen kann – ich liebe Top-Down Shots! Hier stehen noch mehr Indoor-Flüge ganz oben auf meiner To-Do-Liste.

HAST DU SELBST EIN LIEBLINGSMOTIV? UND GIBT ES EIN BESONDERES ERLEBNIS ODER EINE BESONDERE BEGEGNUNG ZUM THEMA FOTOGRAFIE, WELCHE/S DU MIT UNS TEILEN MÖCHTEST?

Lieblingsmotive sind für mich eigentlich alles, was ich visuell interessant finde. Das kann eine tolle Lichtsituation sein, kunstvolle Latte Art auf meinem Kaffee oder spektakuläre moderne Architektur. Und mit Spiegelungen kriegt man mich sowieso immer!

Eine der Begegnungen beim Fotografieren, von der ich immer wieder gern erzähle, ist die von einem Passanten, der mit neugierig-perplexem Gesichtsausdruck neben mir stehenblieb. Ich zielte nämlich mit der Kamera auf den Fußweg, weil dort gerade spannende Licht- und Schattenspiele zu sehen waren. Der Passant fragte nach einer Weile, was ich denn da fotografiere. „Da ist doch nix“, meinte er. Natürlich zeigte ich ihm daraufhin mein Foto und man konnte erkennen, wie förmlich das Ausrufezeichen der Erkenntnis in seinem Gesicht aufging: Er selbst hatte nur den grauen Asphalt gesehen.

Es ergab sich ein nettes kleines Gespräch, wie es mir in solcher oder ähnlicher Form immer wieder passiert. Gerade die Berliner sind ja überaus kommunikationsfreudig, aber auch im Ausland werde ich oft angesprochen: teilweise einfach von neugierigen Menschen, aber auch mal von anderen Fotografen.

Und natürlich darf die Frage nach dem Equipment nicht fehlen. Womit fotografierst Du am liebsten? Was hast Du immer dabei?

Soll auf diese Frage nicht mal ein Fotograf geantwortet haben: „Ich fotografiere mit meinen Augen?“ 😉
Ok, klar verwende ich dafür auch Kameras, aber die sind für mich einfach Werkzeuge, die abliefern müssen. Aktuell ist das die Sony A7R3 und die DJI Mavic 2 Pro. Den meisten Spaß habe ich gerade mit dem 12mm Voigtländer Ultraweitwinkel. Und ja, die Sony und das 12mm habe ich (fast) immer dabei, da diese Kombination schön klein und handlich ist (und weil mir jedes Mal das Herz blutet, wenn ich zum Fotografieren zum Handy greifen muss…).

Herzlichen Dank für das spannende Gespräch, Sabine!

Ich danke Euch! 

Mehr über Sabine Grossbauer:

Sabines Workshops bei Heimaterleben

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Fotos: Sabine Grossbauer

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