„Meine Leidenschaft liegt im Abbilden architektonischer Besonderheiten. Die unterschiedlichsten Formen, Strukturen und eine spannende Linienführung faszinieren mich besonders. Farblich lebendige Bilder begeistern mich ebenso wie Schwarzweißaufnahmen mit ihrer Ausstrahlungskraft von Ruhe und Beständigkeit.“ (Simone Nagel)
Simone Nagel beeindruckt mit ihren ausdrucksstarken Fotografien und ist für diese auch schon mehrfach ausgezeichnet worden. Wie sie spannende Motive findet und welches ihr persönliches Lieblingsfoto ist, erzählt sie im Heimatlichter Magazin.
Heimatlichter: Du hast ein beeindruckendes Portfolio, vor allem im Bereich der Architektur und Schwarz/Weiß-Fotografie. Wie hat sich das bei dir entwickelt – war das gleich dein fotografisches Hauptthema oder hat sich das langsam über die Jahre entwickelt?
Simone Nagel: Ich bin zwischen meinem 20. und 30. Lebensjahr viel gereist. Meine damalige Olympus Kleinbildkamera war mein ständiger Begleiter. Alles was mich während meiner Reisen beeindruckte wurde fotografiert; sei es Landschaften, Architektur, Menschen, Tiere, Natur…. Die Bilder dienten in erster Linie als Erinnerungsstücke. Der tiefere Einstieg in die Fotografie kam mit dem Kauf der ersten Spiegelreflexkamera. Auch mit dem Kauf unzähliger Fotobücher und Magazinen entstand dann die Neugierde alles, zumindest theoretisch Verstandene, auszuprobieren. Also weg von der Programmautomatik und rein die manuelle Vielfalt.
Manchmal frage ich mich, in welches Genre ich meine Bilder stecken würde: eine Kombination aus Architekturfotografie und Streetfotografie.
In meinen Architekturbildern lege ich Wert auf ausgefallene Formen, gerne grafisch, reduziert, sodass es dem Betrachter gelingt, den Blick auf das Wesentliche zu richten. Seit einiger Zeit schließe ich den Mensch in meinen Architekturbildern nicht mehr aus, was lange Zeit der Fall war. Mein Vorhaben war, die oft meisterhafte Architektur-/Baukunst für sich alleine wirken zu lassen. Den Mensch nun zu integrieren bzw. als Teil des von ihm Konstruierten zuzulassen, mag ich mittlerweile ganz gerne. Der Mensch dient dazu, dem Betrachter die oft gewaltige Größe des Gebäudes zu verdeutlichen – also letztlich als Maßstab.
Kann man das nun als Streetfotografie bezeichnen? Wer weiß, vielleicht finde ich noch eine Bezeichnung für dieses Genre.
Warum Schwarzweiss? Ich mag es, mit harten Kontrasten zu spielen. Und das lässt die Schwarzweissfotografie eher zu als die Farbfotografie. Ich mag es, mit Linien zu führen. All das kommt meines Erachtens in Schwarzweiss besser zu Geltung. Ich mag Schwarzweissbilder auch, weil sie zeitlos sind. Selbst ganz alte Schwarzweissbilder haben ihren besonderen Reiz.
Eines deiner S/W Fotos zeigt den Bauhaus – war das ein Werbefoto, und wie hast du diesen Blickwinkel entdeckt?
Das war reiner Zufall, also kein Werbefoto (lacht). Ich hatte vor einiger Zeit beim Vorbeifahren gegenüber der Niederlassung des Bauhaus Baumarkts ein geeignetes Motiv entdeckt. Das war der Grund, wieso ich überhaupt kurze Zeit später dort war. Leider hatte sich mein angedachtes Foto nicht umsetzen lassen, da sich die vorgefundene Location verändert hatte. Damit war die geplante Umsetzung so nicht mehr möglich. Bei einem Spaziergang über den abendlich leeren Parkplatz des Bauhauses ist mir das Logo aufgefallen. Ich habe so lange nach einem geeigneten Standort gesucht, bis eine der Parkplatzleuchten genau in die Mitte des Hauses passte. Alles was unterhalb des Logos lag, habe ich einfach weggelassen. Somit entstand ein minimalistisches Bild, das den Fokus auf die Form des Hausdachs und der Leuchten legt.
Wie findest du deine Motive?
Unterschiedlich. Auf Instagram, früher Fotocommunity, aktuell aber eher weniger. Ich lese gerne Fotomagazine wie die SCHWARZWEISS und die „Soul of Street“, manchmal auch Architekturmagazine. Meistens halte ich Ausschau nach einem interessanten Gebäude. Wenn mich dann eines anspricht, schaue ich, ob es in meiner näheren Umgebung liegt. Meistens eher nicht, was bedeutet, dass es mit einer Reise verbunden werden muss. Seit wir ein Wohnmobil haben, ist das aber unkomplizierter geworden. Davor musste immer ein Hotel in der Nähe des Gebäudes gesucht werden. Jetzt können wir oft direkt davor parken, was das Ganze erleichtert.
Wenn du ein Motiv gefunden hast, wie gehst du dann beim Bildaufbau vor Ort vor und was ist dir dabei wichtig?
Da, wie gesagt, meine Art der Fotografie oft mit Reisen verbunden ist, ist das Wetter vor Ort gerne eine Überraschung. Also entscheide ich spontan. Manchmal ist es von Vorteil, wenn bei Außenaufnahmen die Sonne scheint, da sich der blaue Himmel gut in Schwarzweiss umwandeln lässt. In Museen kann die Sonne wiederum von Nachteil sein, weil zu viele Schattenwürfe die Ruhe im Bild stören können. Bei Außenaufnahmen fotografiere ich fast immer mit Stativ. In Museen meist ohne, da sie dort verboten sind; also frei Hand. Manchmal habe ich mir auch schon Genehmigungen eingeholt. Aber wenn ich eine Person ins Bild einbeziehe (selbstverständlich DSGVO berücksichtigt!), benötige ich eine kurze Belichtungszeit, dann brauche ich nicht zwingend ein Stativ.
Wenn das Bild aus der Kamera kommt, wird es meistens „entwickelt“. Welche Programme nutzt du dafür und welchen Aufwand steckst du dabei in die Nachbearbeitung?
Dass ich in RAW fotografiere, ist, glaube ich, selbstverständlich. In Lightroom findet die Standardbearbeitung statt. Meistens sind das kleine Veränderungen, d.h. Begradigen, Verlaufsfilter, kleine Elemente, die stören, entfernen. Um die harten Kontraste in meinen Schwarzweissbildern zu erreichen, passe ich auch gerne die Tiefen und die Mitteltöne an. Leicht nachgeschärft wird danach in Photoshop – und sollte es doch mal nötig sein, größere Elemente zu beseitigen, mache ich das auch in Photoshop. Grundsätzlich sollte sich der Aufwand am PC aber in Grenzen halten.
Was ist dein Lieblingsbild und warum?
Ich habe tatsächlich ein Lieblingsbild. Ein Bild, das ich erstmalig öffentlich gezeigt habe und dann bei einigen meiner ersten Wettbewerbe vordere Platzierungen erreicht hat. Davor hatte ich immer nur für private Zwecke fotografiert. Dann aber zu merken, dass auch anderen meine Bilder gefallen, ist ein schönes Feedback. Und dass genau auf diesem Bild auch das Abbild meines Sohnes zu sehen ist, macht es für mich natürlich noch besonderer.
Mal etwas ganz anderes – Thema Technik. Du fotografierst mit Spiegelreflex und Spiegellos. Welches ist dein Lieblingsequipment und wann nimmst du welches System?
Für Außenaufnahmen verwende ich im Allgemeinen meine Sony 7R II. Die Detailwiedergabe ist einfach unschlagbar. Wenn ich bei Innenaufnahmen reine Architekturfotos möchte und ein Stativ nutzen darf, verwende ich auch gerne die Sony. Wenn ich allerdings Personen in die leider oft für mich zu dunklen Räume der Museen einbeziehe, die auch noch scharf abgebildet sein sollen – ich also mit einer kurzen Belichtungszeit arbeite -, dann nehme ich meine Olympus M5 III, weil ich dann einfach vom Copfaktor profitiere.