Im ersten Beitrag „Mit Filtern fotografieren: So verwendest Du Filter richtig“ habe ich Dir einen Überblick über die verschiedenen Filterarten in der Natur- und Landschaftsfotografie gegeben. Im zweiten Teil widme ich mich den Verlaufsfiltern (=Grauverlaufsfilter), die gerade beim Fotografieren von Landschaften essentiell sind.
Was sind eigentlich Verlaufsfilter?
Unersetzliche Dienste leisten Verlaufsfilter als „Werkzeuge“ in der Landschaftsfotografie. Sie sind auch unter der englischen Bezeichnung GND (Gradient Neutral Density) bekannt. Da der Kamerasensor Kontrastunterschiede bei verschiedenen Lichtverhältnissen in der Landschaftsfotografie nicht immer vollständig abbilden kann, werden hierbei die hellen Bildbereiche (Himmel) durch den Verlaufsfilter abgedunkelt. Ohne den Einsatz von Verlaufsfiltern würde sonst bei einem dunklem Vordergrund mit hellem Himmel das Bild entweder zu dunkel oder überbelichtet werden (sofern man nicht mit HDR arbeitet).
Den Verlaufsfilter gibt es dabei als Schraub- oder Einsteckfilter. Schraubfilter sind zwar sehr günstig und einfach zu bedienen – ich kann Dir diese aber nicht empfehlen (ich nutze sie selber nicht).
Warum nicht? Das Problem ist, dass bei einem Schraubfilter der Verlaufsübergang in der Mitte liegt. Nun sollte man beim Bildaufbau meist auf die 1/3-Regel achten – dies bedeutet 1/3 Himmel und 2/3 Vordergrund oder umgekehrt – je nach interessanterem Motiv. Und nun versuche mal diesen Aufbau mit einem mittigen Verlauf hinzubekommen …
Die nachfolgende Übersicht zeigt Dir die verschiedenen Verlaufsfilter im Vergleich:
GND 4 Soft (0.3)
GND 4 Medium (0.6)
GND4 Hard (0.6)
GND8 Reverse (0.9)
Quelle: NiSi Deutschland
Wann setze ich Verlaufsfilter ein?
In der Landschaftsfotografie ist man oft am frühen Morgen oder zum Sonnenuntergang unterwegs. Fast immer fotografiere ich dabei in der blauen (die Stunde vor Sonnenaufgang und nach Sonnuntergang) oder goldenen Stunde (die Stunde nach Sonnenaufgang und vor Sonnenuntergang). Meine Lieblingsgegend ist der Pfälzerwald. Hier bieten sich traumhafte Motive an. Auf einem Felsen stehend über dem Felsenmeer den Sonnenaufgang beobachten – es gibt für mich nichts Schöneres.
Daher möchte ich oft genau diese Szenerie mit der Kamera abbilden. Die Sonne geht gerade auf. Das weiche Licht gibt ein sehr schönes Licht im Himmel, vor allem in den Wolken. Der Vordergrund ist dabei aber noch recht dunkel. Um nun aber die richtige Balance für ein gut belichtetes Bild zu erreichen, nutze ich den Grauverlaufsfilter.
Welche Verlaufsfilter gibt es überhaupt?
Bei Verlaufsfiltern unterscheidet man bei den Arten zwischen Reverse, Soft, Medium, Hard und Very Hard. Wofür steht hierbei Soft, Medium, Hard und Very Hard? Es bezeichnet den Bereich am Verlaufsfilter, in welchem der durchlässige in den weniger und damit dunkleren Bereich übergeht. Einen harten oder sehr harten Übergang verwendet man meist bei sehr gerade verlaufendem Horizont, wie z.B. am Meer.
Fotografiert mit GND Hard
Softe oder Medium Verlaufsfilter kommen in hügeligem oder bergigem Gelände zum Einsatz. Ich verwende hierbei zumeist Medium Verlaufsfilter.
Ein Reverse Verlaufsfilter kommt u.a. dann zum Einsatz, wenn z.B. die Sonne knapp über dem Horizont steht. Der Grauverlauf beginnt dabei in der Mitte des Filters und wird dann im oberen Bereich wieder heller. Ich selbst benutze diesen nicht, da man mit zwei gegenläufig eingeschobenen Verlaufsfiltern einen fast gleichen Effekt erzielen kann.
Die am häufigsten verwendeten Verlaufsfilter sind hierbei Stecksysteme. Für diese gibt es zum einen das Haltersystem, in welches die Verlaufsfilter „gesteckt“ werden. Das Haltersystem wird dabei über einen Adapterring auf das Objektiv geschraubt. Es ist wichtig, dass du für das Haltersystem die richtige Größe passend zum Objektiv verwendest. Es gibt diese von vielen Herstellern in allen notwendigen Größen von 46 mm bis 82 mm.
Je nach Haltersystem können bis zu 3 Filter (nicht nur Verlaufsfilter, auch andere wie ein Big Stopper oder Graufilter sind möglich) eingeschoben werden.
Die Hersteller bieten, je nach System, unterschiedliche Größen für die aufzunehmenden Filter an. Lee Filters bietet die Größen 85 mm, 100 mm und 150 mm in der Breite an. Der Hersteller NiSi hat 75 mm, 100 mm, 150 mm und 180 mm im Angebot. Bei Haida gibt es als Serien 84/85 mm, 75 mm, 100 mm und 150 mm. Die Filterhalter und Verlaufsfilter sind meist von verschiedenen Herstellern kombinierbar.
Wie verwende ich Verlaufsfilter?
Da ich Schraubverlaufsfilter wie schon beschrieben nicht einsetze und auch nicht empfehlen kann, zeige ich den Einsatz der Verlaufsfilter anhand der Steckfilter. Mein Fotografenkollege Daniel Spohn setzt komplett auf das System von Haida. Das Bild zeigt ihn bei der Arbeit am frühen Morgen in Vernazza (Cinque Terre). Hier kannst Du gut sehen, wie der Halter auf das Objektiv geschraubt und dann der Verlauf am Horizont ausgerichtet wurde.
Unser Heimatlicht Daniel Spohn beim Fotografieren mit Grauverlaufsfilter.
Je nach Lichtverlauf, der einen Verlaufsfilter notwendig machen, kommt dieser mit verschiedenen Stärken zum Einsatz.
Die Stärke des Filters wird als Wert in ND(x) angegeben. 0.3 ND(x) entspricht dabei einer Blendenstärke. Je stärker der Helligkeitsunterschied zwischen Himmel und Vordergrund ist, desto höher ist dabei ND(x) zu wählen.
Die Verlaufsfilter für Haltersysteme werden in der Regel von GND 0.3 (1 Blende) bis 1.5 (5 Blenden) angeboten. Ich selbst nutze am meisten die Medium Verlaufsfilter mit den Werten GND 0.6, 0.9 und 1.2.
Wie wirkt sich nun der Einsatz eines Verlaufsfilter mit unterschiedlichen Blenden aus? Am nachfolgenden Beispiel siehst Du bei Sonnenuntergang die Unterschiede des gleichen Motivs mit den drei Verlaufsfiltern GND 0.6, 0.9 und 1.2.
GND 0.6
GND 0.9
GND 1.2
Die Fotos sind im unteren Bereich gleich hell. Im oberen Bereich unterscheidet sich die Helligkeit jedoch durch den Einsatz unterschiedlicher GND-Filter.
Für dieses Bild ist der GND 0.6 Verlaufsfilter wahrscheinlich die beste Wahl, da mit den anderen der Baum im oberen Bereich immer mehr „absäuft“ und damit zu dunkel wird.
Was ist beim Einsatz zu beachten?
Was die digitale Nachbearbeitung betrifft, ist es durchaus möglich, Verlaufsfilter nachträglich, z.B. mithilfe von Lightroom, digital einzusetzen. Aber dies ersetzt keinen optischen Filter. Sollten die Kontrastunterschiede auch mit einem Verlaufsfilter nicht ausreichend zu beheben sein, kann man alternativ mit HDR fotografieren.
Weiterhin kann es passieren, dass leichte Farbstiche Richtung Magenta auftreten. Dies passiert u.a., wenn mehrere Filter hintereinander gesetzt werden. Auch tritt dies eher bei kostengünstigen Verlaufsfiltern ein.
Verlaufsfilter gibt es als Ausfertigung in Glas oder Kunststoff. Die Glas-Verlaufsfilter sind zwar teurer, aber dafür weniger empfindlich gegen Kratzer oder Staub. Ein kleiner Nachteil der Glasfilter ist das etwas höhere Gewicht und die Bruchempfindlichkeit.
Welcher Hersteller passt für mich?
Das ist natürlich schwer zu sagen. Für jeden Geldbeutel und Anspruch gibt es passende Produkte. Ich selbst nutze das Lee Filter System und deren Kunststofffilter. Haida, Rollei, Formatt Hitech oder NiSi liefern ebenfalls sehr gute bis hervorragende Ergebnisse und bieten ein breites Spektrum an Filtern und passenden Haltersystemen. Von Billigsysteme rate ich Dir ab, da darunter die Bildqualität meist leiden wird.
Meine Gedanken zum Schluss
Du siehst, dass Verlaufsfilter vielfältige Möglichkeiten in der Landschaftsfotografie bieten und eigentlich unerlässlich sind. Für den Einsatz in der Natur empfehlen sich je nach Objektiv die 100 mm Filter und passende Halterung. Die Handhabung ist einfach und sollte in der Praxis geübt werden, damit die Effekte der Verlaufsfilter optimal genutzt werden können.
Mit welchen Filtern arbeitest Du und was sind Deine Erfahrungen? Poste gerne einen Kommentar.